Soziale Phobie erkennen und mit Hilfe von Verhaltenstherapie bewältigen

Soziale Phobie erkennen und erfolgreich bewältigen

Eine Aufregung vor dem öffentlichen Sprechen und vor einem Bewerbungsgespräch kennt fast jeder. Wann handelt es sich aber um eine soziale Phobie? Die Furcht vor Ablehnung durch unsere Mitmenschen ist in uns evolutionsbedingt angelegt. Die Angehörigkeit zu einer sozialen Gruppe hat uns schließlich seit dem Anbeginn der menschlichen Geschichte viele Überlebensvorteile geboten: gemeinsam konnte man viele Gefahren besser abwenden und hatte größere Überlebenschancen im Kampf gegen Naturgewalten und Hunger, so dass der Ausschluss aus einer Gruppe schnell bedrohlich werden konnte. Heute spielt diese Angst für unser Überleben aber nicht mehr so eine entscheidende Rolle, trotzdem wird das Furchtsystem unseres Gehirns immer wieder aktiviert, wenn es um eine negative Bewertung unserer Person geht. Vor uns selbst und vor anderen gut da zu stehen hat mit dem wichtigsten emotionalen Bedürfnis zu tun – dem Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz.

 

Wann werden die Schüchternheit und Selbstunsicherheit jedoch zum Anzeichen einer sozialen Phobie und somit zum Anlass, einen Psychotherapeuten aufzusuchen?

 

Symptome einer sozialen Phobie:

 

Wenn man vor einer kritischen, prüfenden Bewertung anderer sich fürchtet, dabei in sozialen Situationen Symptome wie Erröten, Händezittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen verspürt, kann es sich um eine soziale Phobie handeln. Die körperlichen Angstsymptome können sich bis zu Panikattacken aufschaukeln, so dass diese von Betroffenen oft zunächst als eigentliches Problem wahrgenommen werden. Ein weiteres Merkmal der sozialen Phobie kann ein niedriges Selbstwertgefühl sowie Angst vor Kritik sein. Die Betroffenen fühlen sich dabei emotional belastet und vermeiden oft soziale Situationen, in welchen sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen könnten, um ihre Angst nicht spüren zu müssen. Diese Probleme können in 3 Typen von Situationen auftreten:

  • Leistungssituationen (Beobachtung und Bewertung von Handlungen durch andere)
  • soziale Interaktionen (fremde Personen ansprechen, Blickkontakt aufnehmen, Kontakt mit anderem Geschlecht und mit Autoritätspersonen)
  • Situationen, in welchen selbstsichere Verhaltensformen gefordert werden

 

Es ist sehr wichtig, eine soziale Phobie rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, da im Laufe der Zeit soziale Phobien zu Generalisierung neigen und chronisch werden können. Nicht selten entwickeln Betroffene aufgrund von emotionaler Belastung zusätzlich eine Depression oder leiden an Medikamenten- und Alkoholmissbrauch. Die Studien gehen davon aus, dass 7 – 16 % aller Menschen zumindest einmal im Leben an einer sozialen Phobie leiden.  

 

Warum entsteht eine soziale Phobie?

 

Heutige Modelle der Entstehung sozialer Phobie gehen davon aus, dass eine Vielzahl verschiedener Faktoren und deren Wechselwirkung dafür verantwortlich sind, dass eine soziale Phobie entsteht und über längere Zeit bestehen bleibt. Dazu zählen:

  • biologische Faktoren wie eine genetische Vorbelastung oder eine gestörte Balance bestimmter Botenstoffe (Neurotransmitter wie Serotonin, Dopamin und Noradrenalin) im Gehirn.
  • psychologische Faktoren wie z.B. ein überbehütend-beschützender Erziehungsstil oder gleichgültig-instabiles Verhalten der Eltern. Ungünstig sind wenige soziale Kontakte der Familie sowie eine Überbetonung der Meinung anderer. Bestimmte Persönlichkeitsfaktoren wie Perfektionismus, übermäßige Vorsicht oder ein niedriges Selbstwertgefühl können eine Prädisposition zur Entwicklung einer sozialen Phobie steigern.

Was löst eine soziale Phobie aus?

 

Bestimmte kritische Lebensereignisse (z.B. Eintritt in das Berufsleben, neue soziale Anforderungen etc.) oder auch Traumatisierungen (z.B. Mobbing, schamhafte Erlebnisse in der Öffentlichkeit) können unter ungünstigen Umständen eine soziale Phobie auslösen.

 

Warum bleibt soziale Phobie bestehen?

 

In Angstsituationen tendieren Betroffene dazu, Ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf sich selbst zu richten und sich selbst kritisch zu „überwachen“, um nicht negativ aufzufallen. Dadurch fühlen Sie sich jedoch entsprechend ängstlich und angespannt.  Die körperlichen Angstsymptome werden dabei verstärkt wahrgenommen und führen wiederum erneut zur Angst und den Gedanken wie „hoffentlich bemerken die anderen nicht, dass ich zittere, das ist ja peinlich“.  Oft kommt es zu Absicherungsstrategien (z.B. ein spezielles Make-up, um die Gesichtsröte zu überschminken; bestimmte Speisen auswählen, die nicht überschwappen können; Kleidungsstücke tragen, die eine besondere Sicherheit vermitteln, etc.). Diese Absicherungsstrategien reduzieren zwar kurzfristig die Angst, langfristig halten diese aber aufrecht. Nachdem die Situation überstanden wurde, werden eigene Fehler und Misserfolge durch Menschen mit sozialer Phobie besonders kritisch analysiert und kritisch bewertet.

 

Wie wird soziale Phobie mit Verhaltenstherapie behandelt?

  • zunächst werden die individuellen Faktoren herausgearbeitet, welche die Entstehung und Aufrechterhaltung sozialer Phobie erklären könnten
  • nachdem die Ziele definiert sind, werden die konkreten Angstsituationen genau analysiert, wobei die Patienten lernen sich selbst, ihr Verhalten, ihre Gedanken und Gefühle in schwierigen Situationen zu beobachten
  • nachdem die Ängste genau analysiert sind, wird der Therapeut den Betroffenen darin unterstützen, sich den Ängsten zu stellen. Dazu wird eine Liste der angstauslösenden Situationen erstellt und nach einer gründlichen Vorbereitung werden die Situationen ausgesucht, in welchen der Patient bereit ist, sich mit den Ängsten zu konfrontieren. Durch diese Expositionsübungen können die Befürchtungen überprüft und widerlegt werden. Nach und nach, können die Betroffene die Erfahrung machen, die bisher gemiedene Situationen ohne Absicherung oder Vermeidung zu meistern. Je häufiger solche Situationen aufgesucht und die Konfrontationsübungen auch zwischen den Sitzungen in Eigenregie durchgeführt werden, desto wahrscheinlicher ist der Therapieerfolg.
  • Neben den konkreten Übungen werden in der Therapie von sozialer Phobie auch die angstauslösenden Gedanken und Überzeugungen genauer angeschaut und bearbeitet. So kann z.B. das für die Störung typische Katastrophendenken schrittweise abgebaut werden.
  • Durch Körperübungen, Vorstellungsübungen können persönliche ungünstige Glaubenssätze herausgearbeitet, erlebbar gemacht und auf ihre Gültigkeit überprüft werden.
  • Manchmal kann es notwendig sein, durch spezielle Trainings die sozialen Fertigkeiten zu stärken und das selbstsichere Verhalten z.B. in Rollenspielen einzuüben.
  • bei einer schweren Form der sozialen Phobie kann es notwendig sein, eine medikamentöse Behandlung unterstützend einzuleiten, um ein Gleichgewicht an Gehirnbotenstoffen herzustellen, die an der Angst beteiligt sein. Oft geht es dabei um die Erhöhung des Botenstoffes Serotonin. In diesem Fall wird sich Ihr Therapeut nach Absprache mit Ihnen an einen mitbehandelnden Arzt werden und eine kombinierte Behandlung anstreben.

 

„Selbstvertrauen gewinnt man dadurch, dass man genau das tut, wovor man Angst hat, und auf diese Weise eine Reihe von erfolgreichen Erfahrungen sammelt“
Dale Carnegie

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